Große Erwartungen

Mal wieder war Susanne völlig entnervt und gefrustet aus der Uni nach Hause gekommen. Sie konnte das einfach nicht verstehen. Alles was sie wollte war doch nur, dass alle Kommilitonen sie super finden, der Professor sie ab und zu mal in der Vorlesung lobt und dass ihr eine weltbekannte Firma eine Diplomarbeit anbietet. „Mehr erwarte ich doch gar nicht!“

Eins ist auf jeden Fall sicher: Mit ihren übertriebenen Erwartungen ist die gute Susanne sicherlich nicht alleine. Jede Menge Frauen (und natürlich auch Männer!) machen sich damit das Leben zur Hölle und wundern sich, wenn außer Ärger und Enttäuschung bei all den übertriebenen Ansprüchen an der Uni nicht viel übrigbleibt.

Damit aber noch lange nicht genug, denn wenn man schon hohe Ansprüche hat, dann bitte auch richtig! Nicht nur, dass im Studium alles wie am Schnürchen laufen muss, auch der Partner soll selbstverständlich maximalen Einsatz bringen und der perfekte Nebenjob darf natürlich nicht fehlen. Sie brauchen sicherlich kein Psychologe zu sein, um sich auszumalen, was bei der Einstellung herauskommt: Frust, Enttäuschung und Unzufriedenheit. Oder anders gesagt: Wenn Sie sich partout unglücklich machen wollen, dann legen Sie die Latte einfach so hoch wie’s nur geht.

Jetzt wissen Sie auf jeden Fall, wo Sie mit Ihren Ansprüchen aller Voraussicht nach landen werden, aber es ist natürlich nicht die Aufgabe unserer kleinen Kolumne Sie mit Ihren übertriebenen Erwartungen im Regen stehen zu lassen. Denn auch gegen eine übertrieben hohe Messlatte gibt es ein Gegengift, das sich auf die einfache Formel bringen lässt:

weniger Erwartungen =weniger Enttäuschungen und weniger Ärger

Zugegeben: Auf den ersten Blick klingt das nicht gerade sehr verlockend, denn wer steigt schon gerne von seinem hohen Anspruchsross herunter und gibt sich mit weniger zufrieden, als er eigentlich haben wollte? Falls Sie es allerdings schaffen, Ihre Erwartungen ein bisschen herunter zu schrauben, können Sie sich auf jede Menge Vorteile gefasst machen: Weniger Frust, Stress und Enttäuschungen und stattdessen mehr Spaß und angenehme Überraschungen.

Allerdings ist es wie üblich mit den psychologischen Ratschlägen: Leicht gesagt und schwer getan. Wie bitte weiß man als Frau z. B., ob zwei Dutzend Rosen dreimal die Woche ganz normal sind oder ob man seinen Partner damit schlichtweg überfordert? Wie finden Sie heraus, was unvernünftige und größenwahnsinnige Erwartungen sind, die Sie in viel Ärger und Enttäuschungen stürzen und wie erkennen Sie, was Sie ruhigen Gewissens erwarten können? Die beste Lösung ist wohl, sich jemanden mit einem realistischen Blick zu suchen und ihn zu bitten, Ihnen seine Meinung zu sagen, denn selber kommen Sie leider nicht oder zu spät auf die richtige Lösung. Fragen Sie also einfach einen guten Freund, was er oder sie von diesem oder jenem Problem hält, aber vor einer Sache sollten Sie sich auf jeden Fall hüten: Dass er genauso überzogene Erwartungen hat wie Sie!

© Sebastian Niestroj